Lichess.org – eine der beliebtesten Schachplattformen der Welt, werbefrei, Open Source, und vor allem: kostenlos. Für viele Schachliebhaber gilt sie als das beste, was dem Online-Schach je passiert ist. Doch wer regelmäßig auf Lichess spielt, kennt auch das Gefühl: Irgendetwas stimmt hier nicht. Man spielt gegen einen Gegner mit moderater Elo, es geht ganz gut los, aber plötzlich folgen mehrere perfekte Züge, eine brillante Kombination – und im Endspiel patzt der Gegner plötzlich wieder wie ein Anfänger. Was ist da los?
Die Lichess Spieler Analyse hat einiges ans Tageslicht gebracht- Wer cheatet und wer nicht, so erkennst Du es!
Ich habe mich entschieden, der Sache auf den Grund zu gehen. Über mehrere Tage hinweg habe ich auf Lichess.org gespielt – gegen stärkere, gleichstarke und schwächere Gegner. Darunter war ein FM (FIDE-Meister) mit Lichess-Elo 2561, gegen den ich mich mit dem lettischen Gambit wacker geschlagen habe. Zwar verlor ich letztlich das Endspiel, aber die Partie war lehrreich, sauber und fair – so, wie man es sich auf einer Plattform wie Lichess wünscht.
Doch nicht alle Begegnungen waren so erfreulich. In einer Vielzahl von Partien gegen Spieler mit Elo-Werten zwischen 1700 und 2100 habe ich Auffälligkeiten festgestellt, die sich wie ein roter Faden durch meine Erfahrungen zogen. Mein Fokus lag dabei auf Blitzpartien mit 3 Minuten und Schnellschach mit 10 Minuten Bedenkzeit. Und was ich herausfand, war ernüchternd: In geschätzt einem Drittel aller Spiele wurde ganz offensichtlich technische Hilfe verwendet.
Es ist nicht so, dass diese Spieler von Beginn an wie Maschinen agieren. Nein – die meisten beginnen mit normalen Zügen, machen auch mal einen kleinen Fehler, spielen solide, aber unspektakulär. Doch sobald es kompliziert wird – wenn Taktik ins Spiel kommt oder ein schweres Mittelspiel ansteht – folgen plötzlich präzise, oft sogar zweit- oder drittbeste Züge (laut Engineanalyse). Und das in einer Konstanz, die mit der angegebenen Elo kaum vereinbar ist.
Noch auffälliger wird es, wenn die grüne Aktivitätsanzeige – das berühmte „Lämpchen“ neben dem Spielernamen – regelmäßig blinkt: ein Anzeichen dafür, dass der Spieler das Browserfenster verlässt und möglicherweise externe Hilfe nutzt. Und siehe da: Kaum ist das Lämpchen aus, folgt ein „Großmeisterzug“. Danach wird wieder normal weitergespielt – und wenn die Zeit knapp wird, häufen sich plötzlich grobe Fehler. Ein völlig anderes Spielniveau tritt zutage. Es wirkt, als hätte man gegen zwei verschiedene Spieler gespielt – oder gegen einen Menschen mit technischer Unterstützung in bestimmten Phasen der Partie.
Besonders krass fällt dieses Verhalten bei Spielern mit geringerer Elo auf. Je niedriger die Wertungszahl, desto häufiger scheint gecheatet zu werden. Das klingt zunächst paradox – denn warum sollte jemand mit 1800 Lichess-Elo betrügen? Doch genau das ist der Punkt: Hier spielt das Ego, der Ehrgeiz und vielleicht auch ein bisschen Frust eine Rolle. Wer ständig verliert, greift eben irgendwann zur „Hilfe“.
Natürlich habe ich meine Partien danach analysiert – nicht nur mit Stockfish, sondern auch durch manuelles Nachspielen, um die Logik und Plausibilität der Züge zu prüfen. Und immer wieder bestätigte sich das Muster: normale Züge – plötzlich enginegleiche Spielzüge – dann wieder menschliche Schwächen, besonders in Zeitnot.
Das eigentlich Traurige ist jedoch nicht nur das Cheaten selbst, sondern die Reaktion (oder vielmehr: die ausbleibende Reaktion) von Lichess.org. Zwar gibt es ein Meldesystem, und Lichess erkennt und sperrt tatsächlich auch Cheater – doch leider in viel zu wenigen Fällen. Oft hört man von Spielern, dass sie im Nachhinein eine Benachrichtigung bekommen: „Ein Gegner wurde des Cheatens überführt, deine Elo wurde angepasst.“ Doch das geschieht selten – und meist nur bei sehr offensichtlichem Missbrauch. Wer klug „dosiert“ betrügt, fällt durchs Raster.
Die Folge ist ein wachsendes Misstrauen in der Community. Viele Spieler berichten von ähnlichen Erfahrungen. Die Plattform verliert dadurch ihren einstigen Glanz, ihr „Fairplay-Flair“. Man spielt nicht mehr mit Freude, sondern mit Skepsis. Und das ist schade – denn Lichess ist technisch und konzeptionell eine brillante Plattform, die eigentlich alle Voraussetzungen mitbringt, um das Online-Schach zu revolutionieren.
Natürlich ist es schwierig, Cheater zweifelsfrei zu erkennen. Und ja, Lichess ist kostenlos, das Moderationsteam ehrenamtlich, die technischen Möglichkeiten begrenzt. Aber das allein darf keine Entschuldigung dafür sein, dass mittlerweile ein Drittel der Spieler – zumindest gefühlt – schummelt. Denn mit jedem nicht entdeckten Cheater geht ein Stück Vertrauen verloren. Und Vertrauen ist im Schach – wo es um Fairness, Ehre und strategisches Denken geht – das höchste Gut.
Fazit: Ja, Lichess hat ein Cheater-Problem. Nein, nicht jeder Gegner, der gut spielt, ist ein Betrüger. Aber es ist längst kein Einzelfall mehr. Wer regelmäßig auf der Plattform spielt, wird früher oder später auf Gegner treffen, die technische Hilfe nutzen – meist nur punktuell, aber dennoch unfair. Und je länger Lichess nichts oder nur wenig dagegen unternimmt, desto mehr Nutzer werden das schöne Spiel mit Misstrauen und Frust verlassen. Das wäre schade – nicht nur für die Plattform, sondern für das Online-Schach insgesamt.
Das Lichess Cheater Problem – Dem Schachopa ist es bereits auch schon massiv aufgefallen.
Auch mein langjähriger Schachfreund, der unter dem Namen „Schachopa“ – Kobra-11 auf Lichess spielt, hat ähnliche Erfahrungen gemacht. Er berichtet ebenfalls von zahlreichen Gegnern, bei denen der Verdacht auf Cheating nahezu offensichtlich ist. „Es werden immer mehr“, sagt er, „es fühlt sich an wie eine regelrechte Cheating-Invasion.“
Wir beide – wie viele andere ehrliche Spieler – würden uns sehr freuen, wenn Lichess hier gezielter und transparenter vorgehen würde. Es sollte nicht nur darum gehen, Elo anzupassen oder Accounts leise zu sperren, sondern auch darum, das Vertrauen der Community zurückzugewinnen. Und wenn ein Spieler verdächtigt wird, wäre es nur fair, ihm die Gelegenheit zu geben, sich zu erklären – auch wenn es in den meisten Fällen wohl nichts zu erklären gibt.
Denn das ist der Punkt: Wer in kritischen Momenten Großmeisterzüge spielt, aber in einfacher Stellung danebengreift wie ein Anfänger, kann das schwerlich mit Konzentration, Tagesform oder Glück erklären. Hier wäre mehr Offenheit, mehr Kontrolle und ein deutliches Zeichen seitens der Plattform wünschenswert.
Wir lieben Schach. Wir lieben Lichess. Und gerade deshalb ist es Zeit, etwas zu tun.
Ein weiterer interessanter Beitrag zum Thema Schach Cheater auf Reddit.
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